Rundbrief 83 vom 22.04.2022

Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung

Rundbrief 83

1

Wohnungen für Obdachlose und Geflüchtete

Zu diesem Thema hat Rainer Kippe für das Aktionsbündnis gegen Wohnungsnot und Stadtzerstörung die nächste 

Kundgebung Ecke Friedrich-Engels-Straße  / Berrenrather Straße für Samstag, den 23. April 2022 von 11 – 13 Uhr angemeldet.

2

„Fortentwicklung des Housing-First-Ansatzes als Ergänzung der Wohnungslosenhilfe in Köln“
ist eine Dringlichkeitsentscheidung der Oberbürgermeisterin für den Sozialausschuss  am 12.05.2022 überschrieben.

In der Begründung heißt es, dass „die Stadt Köln die Erprobung des Housing-First Ansatzes als Ergänzung zu den bereits bestehenden Angeboten der Wohnungslosenhilfe“ unterstützt. 

Housing First muss nicht mehr erprobt werden.

Die Geschichte von Housing First fing in den 1990er Jahren in New York an, wo Dr. Sam Tsemberis ein Hilfsprogramm für Obdachlose mit multiplen, komplexen Problemlagen entwickelte, das zunächst „Pathways to Housing“ hieß.  Sam Tsemberis: „Es geht nicht in erster Linie um die Wohnung. Zuallererst geht es darum, die Kontrolle über die Entscheidung über das eigene Leben an die Menschen zu übergeben, die wir unterstützen wollen.“
http://derarchitektbda.de/housing-first/

Im 2016 veröffentlichten Housing-First-Guide Europe  wurden im Anhang Beispiele für Housing First aus 13 europäischen Ländern vorgestellt. Deutschland war nicht darunter. https://housingfirsteurope.eu/assets/files/2017/12/housing-first-guide-deutsch.pdf

Im September 2021 wurde der Berliner Masterplan zur Überwindung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 von Elke Breitenbach und Alexander Fischer vorgestellt. https://www.berlin.de/sen/ias/_assets/aktuelles/2021_09-02-masterplan2030.pdf

Unter dem Titel „Politischer Auftrag“ schilderten sie wie es dazu kam. 

2013 forderte die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Wohnungslosenhilfe, dass Wohnungsnotfall-Rahmenpläne zur Überwindung von Wohnungsnot und Armut in Deutschland auf allen politischen Ebenen – in Bund, Ländern und Gemeinden – notwendig sind.
https://www.bagw.de/fileadmin/bagw/media/Doc/DOK_BAGW_Nationale_Strategie_Wohnungsnotfaelle.pdf

Die 2015 beschlossenen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen verpflichten die Regierungen, Armut und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 zu beenden.
https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf

Die 2017 verkündete Europäische Säule sozialer Rechte hat das Recht auf Wohnung beziehungsweise eine Unterkunft festgelegt.
https://ec.europa.eu/info/european-pillar-social-rights/european-pillar-social-rights-20-principles_de

Im November 2020 hat das Europaparlament eine Resolution verabschiedet, die die Beendigung der Obdachlosigkeit bis 2030 als Ziel ausruft. Die Mitgliedsstaaten werden zum entschiedenen Vorgehen gegen die Obdachlosigkeit aufgefordert und abgestimmte nationale Strategien zum Erreichen dieses Ziels eingefordert.
https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20201119STO92006/parlament-will-obdachlosigkeit-in-der-eu-beenden

Die Ampel hat in ihrem Koalitionsvertrag immerhin einen Aktionsplan zur Überwindung der Obdachlosigkeit bis 2030 angekündigt. 

Die Stadt Köln sieht sich nicht verpflichtet Armut und Obdachlosigkeit zu beenden.  Sie legt keinen Aktionsplan für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit vor. Sie verhunzt Housing First zu einer „Ergänzung der Wohnungslosenhilfe in Köln“ und entzieht diese einmal mehr einer selbstkritischen Reflektion.

Als im Februar die Mülheimer Arche eröffnet wurde,  hat  Mark Oette, Chefarzt im Severinsklösterchen und Vorstand im CAYA e.V., daraufhingewiesen, dass die durchschnittliche Lebenserwartung der Obdachlosen in der Bundesrepublik nur 50 Jahre beträgt – 20 Jahre weniger als die durchschnittliche Lebenserwartung bei denen, die eine Wohnung haben. Sozialdezernent Rau, der unermüdlich das „differenzierte Hilfesystem“ für Wohnungs- und Obdachlose in Köln lobt und rechtfertig, steht dagegen für die Realitätsblindheit einer Stadtregierung, die jede Verantwortung für dieses Elend von sich weist. Auch von den freien Trägern, die in Köln die Obdachlosigkeit mitverwalten, war noch keine Selbstkritik zu hören, auch nicht bei der Eröffnung der Mülheimer Arche.  

Die Technokraten der Kölner Stadtverwaltung haben Mechaniker beauftragt das Förderprogramm „Housing First“ zu Papier zu bringen. Darin heißt es „Housing First ist ein passgenaues Angebot für einen bestimmten Personenkreis obdachloser Menschen“  Sam Tsemberis Schlußfolgerung – „Es geht nicht in erster Linie um die Wohnung. Zuallererst geht es darum, die Kontrolle über die Entscheidung über das eigene Leben an die Menschen zu übergeben, die wir unterstützen wollen.“ –  ist diesen Technokraten wesensfremd.  

Die Kölner Wohnungslosenhilfe hat die steigende Obdachlosigkeit nicht einmal abgebremst. Diese dysfunktionale Hilfe hat die Distanz der Obdachlosen zur Mehrheitsgesellschaft erhalten und damit die Diskriminierung der Obdachlosen. Selbst in der Pandemie sind den Obdachlosen abschließbare Einzelzimmer verweigert worden. Polizeiliche Statistiken der steigenden Übergriffe auf Obdachlose sprechen eine deutliche Sprache. 

Feindschaft gegen Obdachlose
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-content/uploads/2019/01/Flyer_GMF_Obdachlos.pdf

3

Sendungen, Meldungen, Nachrichten 

Das erste Housing-First-Projekt in Hamburg wird von drei Trägerorganisationen gemeinsam betreut. Im Juli soll es los gehen. Wenn alles wie geplant läuft, könnten die ersten Obdachlosen zum Jahresende in die eigene Wohnung ziehen.
https://www.hinzundkunzt.de/traeger-fuer-housing-first-projekt-gefunden/

Enteignung
Taz: Wirtschaftsminister Robert Habeck will das Energiesicherungsgesetz modernisieren. Im Ernstfall könnten Energieunternehmen dann enteignet werden. Welche Probleme könnte man noch durch Enteignung lösen?
Küppersbusch: Tauscht man in Habecks Novelle „Energie“ gegen „Wohnungen“, schösse man weit über den verbotenen „Berliner Mietendeckel“ hinaus. Es besteht also Hoffnung für Wohnungslose und Minderwohnende. Sobald der Russe keine Wohnungen mehr liefert, geht’s los.
https://taz.de/Steinmeier-Spiegel-Habeck/!5848765/

Kampf gegen Wohnungsnot
»Je höher der Druck auf die SPD, desto besser«
Berlin: Initiative zur Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen entsendet Vertreter in »Expertenkommission«. Ein Gespräch mit Bana Mahmood
https://www.jungewelt.de/artikel/424770.kampf-gegen-wohnungsnot-je-h%C3%B6her-der-druck-auf-die-spd-desto-besser.html

„Müssen mit Worst-Case kalkulieren“ Was die Krise für Kölner Baufirmen bedeutet
https://www.ksta.de/wirtschaft/-muessen-mit-worst-case-kalkulieren–was-die-krise-fuer-koelner-baufirmen-bedeutet-39640724


Prognose wegen Ukrainekriegs
Wohnungsbau könnte nächstes Jahr massiv einbrechen
Krieg und Pandemie machen der Bauindustrie zu schaffen: Branchenverbände fürchten wegen Materialmangels und Preissteigerungen, dass bald viel weniger neue Wohnungen gebaut werden.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/wohnungsbau-koennte-naechstes-jahr-massiv-einbrechen-a-4d8f2bfc-f30c-47b4-8c86-4a14f9c1edf3

230 Wohnungen mit viel Freiraum
An der Alsdorfer Straße entsteht eine neue Wohnanlage
Bauherr ist die Pandion AG, die ihrem Projekt den Namen „Cosy“ gegeben hat. Rund 230 Wohneinheiten sollen auf dem rund 16.000 Quadratmeter großen Grundstück entstehen. 30 Prozent, also 65 Wohnungen, sind öffentlich gefördert. Die übrigen 165 Wohneinheiten werden an Eigentümer vermarktet. Außerdem gehört der Bau einer Kindertagesstätte zum Gesamtprojekt.
https://www.ksta.de/koeln/ehrenfeld/230-wohnungen-mit-viel-freiraum-an-der-alsdorfer-strasse-entsteht-eine-neue-wohnanlage-39635336

Mit 100.000 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr ließen sich 2,5 Millionen Sozialwohnungen bauen. Die Ampel setzt die falschen Prioritäten!
https://www.caren-lay.de/de/article/1695.die-ampel-wird-den-anforderungen-des-wohnungsmarktes-nicht-gerecht.html

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisches Wohnprojekte Region Köln/Bonn analysierten die Marktlage und die Herausforderungen der Zukunft
https://magazine.dumontnext.de/e-magazines/wohnprojekte/index.html


Aus Umweltschutzgründen
Ministerin Geywitz will Bau von Einfamilienhäusern eindämmen
Einfamilienhäuser sind häufig Umweltsünder. Bauministerin Klara Geywitz will deshalb weniger und anders geplante Neubauten. Vorschriften zur Quadratmeterobergrenze von Wohnungen soll es aber nicht geben.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/ministerin-geywitz-will-bau-von-einfamilienhaeusern-eindaemmen-a-f8c913cd-f731-49e3-9b7e-153d9a09a742

Klara Geywitz über Mieten, Bauen, Wohnen: „Wer billig baut, baut zweimal“
400.000 Wohnungen sollen pro Jahr gebaut werden, sozial und ökologisch. Bauministerin Geywitz über hohe Mieten und ihr Haus aus Holz und Lehm.
https://taz.de/Klara-Geywitz-ueber-Mieten-Bauen-Wohnen/!5846177/

Autobahnüberbauung in Berlin
https://www.freitag.de/autoren/karsten-laske/zeitgeschichte-1980-baut-berlin-seine-stadtautobahn

Neubau-Wohnungen Das sind die teuersten und günstigsten Kölner Stadtteile
https://www.ksta.de/wirtschaft/neubau-wohnungen-das-sind-die-teuersten-und-guenstigsten-koelner-stadtteile-39580066

Für eine Stadt ohne Obdachlosigkeit
Für eine Stadt ohne Zwangsräumungen
Für eine Stadt ohne Drogentote
Für eine Stadt ohne Gewalt gegen Frauen und Kinder
Für eine Stadt ohne Abschiebungen
Für eine Stadt ohne Armut

22. April 2022

Klaus Jünschke und Rainer Kippe

220422_Aktionsbündnis83b.pdf
220422_Aktionsbündnis83c.pdf

Diese Website verwendet Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit zu verbessern. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie zu.

Social Share Buttons and Icons powered by Ultimatelysocial
Facebook